Original-Review vom 30.04.2016
Mit einem interessanten Konzept lockend hat mich das Spiel zunächst sehr in seinen Bann gezogen:
Man designed ein Raumschiff für einen potenziellen Auftraggeber, der verschiedene Anforderungen an sein Vehikel hat.
Neben speziellen, im Prinzip optionalen Vorgaben, wie bestimmten Bauteilen, Frachtkapazität und dergleichen mehr, sind auch viele must haves zu berücksichtigen. Ohne beispielsweise die obligatorische, ausreichend große Lebenserhaltung für die geplante Crew-Größe wird das Design nicht freigeschaltet.
Dabei hat man je nach Schiffsrumpf mehrere, unterschiedlich geformte Etagen (die Spielbretter), auf denen man Räume, Türen und dergleichen platzieren kann. Die Räume erfüllen eine bestimmte Funktion und benötigen teilweise "Ressourcen". Dabei handelt es sich um Atemluft, Wasser, Treibstoff und dergleichen. Das zu erstellende Design wird eingeschränkt durch den Platz und die Aufteilung auf mehrere Ebenen, über deren Grenzen hinweg man (zumindest zu Spielbeginn) keine Ressourcen übertragen kann.
Sobald man sein Wunsch-Design fertiggestellt hat, hat man die Möglichkeit (und die Pflicht), das Schiff verschiedenen Tests zu unterziehen. Das bedeutet, dass das Schiff als Spielbrett für einfachere und schwierigere Szenarien herhalten muss. Die Szenarien sind das vom Spieler zu spielende Level, in denen es im Prinzip darum geht, das Schiff einsatzklar zu halten, komme was wolle. Was kommen kann, sind zum Beispiel Feuer, einschlagende Meteoriten, eindringende Aliens und dergleichen.
Der Spieler steuert dabei seine Test-Mannschaft, die er mit den entsprechenden Räumen vorgegeben hat. Außer den Marines, die ich bisher nicht erforscht hatte, gibt es Piloten, Techniker und Mediziner. Zum aktuellen Zeitpunkt sind die meisten Levels darauf ausgelegt, mit den Technikern möglichst effiziente Wege abzugehen, um die Routine-Wartung durchzuführen. Das ist zum Glück automatisierbar. Darauf aufbauend muss man als Spieler aber gelegentlich eingreifen, wenn die vorgegebene maximale Personalstärke nicht zum gewünschten automatisierbaren Ergebnis führt. Dann schickt man seine Figuren zu bestimmten Räumen, um sie zum Beispiel zu reparieren.
Wenn man genügend der "Tests" (aka Level) mit ausreichend hoher Punktzahl abgeschlossen hat, ist das Schiffdesign markttauglich. Dann kann man es auf dem "Markt" jedem Auftraggeber anbieten, dessen Anforderungen es erfüllt. Die simulierten "Computer-Gegner" unterbieten gelegentlich das eigene Angebot, doch man kann sein Angebot dann nachbessern, sodass man den Zuschlag mit mehr oder mit weniger Gewinn erhalten sollte.
Mit dem Geld kann man dann Forschung betreiben. Um bestimmte Anforderungen zu erfüllen (oder weil man eine seiner Blaupausen verbessern will), muss man bestimmte Bauteile, Schiffsrümpfe und dergleichen freischalten, sprich erforschen. Dabei hat man weitestgehend freie Hand. Das Spiel zwingt einen zum Beispiel nicht dazu, für einen Schiffsrumpf einen bestimmten Antrieb zu erforschen (soweit ich das bisher beurteilen kann), aber durch die teilweise happigen Anforderungen an den Prototypen sind oft effizientere Räumlichkeiten verpflichtend, da die "Standard-Bauteile" zu viel Personal, Ressourcen oder Platz benötigen. Man kann im Prinzip mehrere Antriebe in sein Schiff einbauen, doch müssen sie allesamt gewartet werden und verbrauchen natürlich mehr Platz, als ein effizienterer Antrieb, der größer als ein Anfänger-Antrieb ist, aber kleiner als zwei Anfänger-Antriebe...
Nachdem ich das Spielprinzip einige Zeit ausprobiert habe, fielen mir natürlich diverse Schwächen auf.
Das Laden des Spiels dauert gefühlte Minuten und dummerweise stürzt es häufig ab, vor allem im Markt-Schirm. Es ruckelt teilweise extrem und gibt einem das Gefühl, als wäre es ... in einem Alpha-Stadium. Tatsächlich ist es das auch, sodass ich das eigentlich nicht negativ bewerten wollte.
Was mich leider etwas enttäuscht hat, sind diverse Unstimmigkeiten im Spielablauf.
Wenn man zum Beispiel die Bieter-Prozedur eines Raumschiff-Suchenden gewinnt, erhält man die Nachricht, dass man das Schiff liefern soll. Und obwohl das Spiel dabei direkt in den Pause-Modus geht, kommt im Anschluss sofort eine zweite Nachricht, dass man die Hälfte seines Gewinns als Strafe abgeben muss, weil man "nicht rechtzeitig geliefert" hat. Vielleicht habe ich nur eine Option übersehen, das Raumschiff vorzuhalten, doch nervig ist diese Art der Benutzerführung dennoch.
Die Schiffstest-Level empfand ich leider überwiegend langweilig. Die Kampf-Missionen sind am Anfang nicht gewinnbar, da man noch keine Personen-Bewaffnung erforscht hat. Die Alien-Invasion leidet unter einem ähnlichen Problem, da (zumindest mir) nicht klar ist, wie man ein Feuer legt (auf einem Raumschiff - wer ist denn so bescheuert???), um die Aliens zu vernichten - die Alternative wäre, dass die Mediziner (häufig: DER Mediziner) die Alien-Brut "desinfiziert", eine Aktion, die bei mir nie zum Erfolg geführt hat.
Ein weiteres Manko ist, wenn man eine Blaupause minimal anpasst, zum Beispiel mit Schutzschilden versieht, die man gerade erforscht hat. Dann kann man zwar eine neue Schiffsklasse daraus definieren, muss aber die gesamten Tests für diese "neue" Schiffsklasse erneut spielen. Und obwohl ich das Spielprinzip hinter Starship Corporation sehr gut finde, empfand ich die Schiffsklassentests schnell so lästig, wie das Berufe-Skillen in MMORPGs.
Die Schiffsklassen-Tests nehmen einen Großteil der Spielzeit ein. Von Tycoon-Feeling ist man zumindest zu Spielbeginn weit entfernt. Und im Gegensatz zu Prison Architect oder Factorio, bei dem man ein bestehendes Gebilde "live im Spiel" erweitert, ist ein einmal erstelltes Raumschiff statisch. Auch wenn die Schiffsklassentests in sich schlüssig sind und ich auch keine Idee habe, wie man das anders machen könnte, sehe ich darin eine wirklich problematische Komponente für den Langzeitspaß.
Aufgrund der anderen bisherigen Reviews, vor allem mit Verweis auf die zugrundeliegende Engine und die bisherige Entwicklungszeit, fürchte ich, dass meine anfängliche Euphorie für ein neues, hervorragendes Spiel, schnell in Bedauern umschlagen könnte. Early-Access-Spiele sind wie Wetten. Wer, wie ich, darauf wetten will, dass die Entwickler Starship Corporation ähnlich wie bei Prison Architect, Kerbal Space Program oder Factorio zu einem liebenswerten Stand weiterentwickeln, kann die aktuell 18 € ausgeben. Wer für sein Geld ein "fertiges" Spiel haben will, wie die genannten Vertreter für mein Verständnis schon in ihrer Alpha-Zeit waren, sollte noch abwarten. Ich für meinen Teil werde das Spiel aufgrund des Frustfaktors (Absturzhäufigkeit) in nächster Zeit wohl nur unregelmäßig weiterspielen.
Hoffen wir darauf, dass die Entwickler das Spiel ernsthaft weiterentwickeln wollen und die Steam-Veröffentlichung nicht das Supportende einläutet.
Update-Review vom 02.06.2019
Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren einiges an diesem Spiel getan.
Eine wesentliche Verbesserung ist die Automatisierbarkeit sämtlicher Raumschifftests - also "Levels", wie ich sie vor ein paar Jahren genannt habe. Man hat die Möglichkeit, einzelne oder alle Tests auf Knopfdruck berechnen zu lassen. Der genaue Algorithmus entzieht sich leider meiner Kenntnis. Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Ergebnisse mehr oder weniger dem entsprechen, was ich durch einen manuellen Test selbst erspielt hätte. Meistens kommt mein Schiff (vor allem in den Kampfsimulationen) sogar punktuell besser weg als wenn ich es selbst gespielt hätte. Und wenn einem ein Ergebnis nicht gefällt, kann man den Test immer noch manuell wiederholen.
Durch die Automatisierbarkeit der Tests verschiebt sich natürlich der Fokus, auf dem das Spiel liegt. Das Schiffsdesign erhält in Relation zu den Tests mehr Gewicht, aber auch die "neue" Wirtschafts-Komponente rückt viel stärker in den Vordergrund.
Vor drei Jahren, als ich die erste Review-Version schrieb, gab es so etwas wie ein Wettbieten mit fiktiven Mitbewerbern. Diese Komponente ist entweder komplett verschwunden oder taucht nun erst später im Spiel auf. Das Kampagnen-Spiel beginnt nun mit einem anderen Ansatz, nämlich mit festen Aufträgen. Bestandteil eines Auftrags kann tatsächlich wie im früheren Bieterverfahren sein, ein Raumschiff zu designen, zu bauen und zu liefern. Er kann aber auch einfach nur ein "Job" sein, also mit einem bereits bestehenden Raumschiff der eigenen Flotte eine bestimmte Aufgabe zu erledigen.
Tatsächlich beginnt man sogar mit zwei Schiffen, die man für einige der Aufträge nutzen (und wiederverwenden) kann, da es so etwas wie Bergungsmissionen gibt. Dabei verliert man das Schiff nicht zwangsweise, sondern kann es danach weiter benutzen.
Auf diese Weise ist es möglich, nicht nur Auftragsarbeiten durchzuführen, sondern sich auch eine eigene Schiffsflotte anzulegen, mit denen man diverse Jobs übernehmen kann - sofern sich das Schiff im Rahmen bestimmter Missionsparameter bewegt. Beispielsweise würde es keinen Sinn machen, eine Frachtbergung durchzuführen, wenn das entsendete Schiff nicht über ausreichend Frachtraum verfügt...
Schiffslieferungen sind (inzwischen?) auch limitiert, da man zum Bau seine Schiffswerft (zu Spielbeginn in der Einzahl) verwenden muss. Das Spiel ist (von den Schiffstests selbst einmal abgesehen) rundenbasiert. Ein "Jahr" besteht aus vier Quartalen. Pro Quartal kann man pro Schiffswerft genau ein Schiff bauen, wenn ich das System richtig verstanden habe.
Da man Nachbarsysteme besuchen und auch dort eine Schiffswerft errichten (und Aufträge erhalten) kann, besteht aber die Möglichkeit zu expandieren - mit entsprechenden Fixkosten.
Die Forschung und Entwicklung ist gefühlt noch wichtiger geworden. Um mehr als einen oder zwei Startaufträge erfüllen zu können, benötigt man schnell "exotische" Bauteile, also Bauteile, die man noch nicht erforscht hat.
Man kann sich nun für jede Forschungskategorie entscheiden, ob man Budget darauf verwenden möchte. Die darin enthaltenen Technologien werden mehr oder weniger gleichmäßig erforscht - teurere Technologien brauchen dabei länger als billigere. Alternativ kann man mit einer Art Lizenzgebühr einzelne Technologien direkt (und ohne Verzögerung) freischalten, ohne ein Forschungsbudget festzulegen.
Gefühlt ist das Forschungsbudget preislich günstiger. Gerade zu Beginn hatte ich aber nach einigen Versuchen den Eindruck, dass es zielführender oder gar erforderlich ist, sich Technologien gezielt einzukaufen, um zumindest drei bis vier weitere Aufträge erledigen zu können.
Denn der betriebswirtschaftliche Faktor hat stark zugenommen. In mehr als einem Anlauf ging die Firma pleite, weil zwar fast alle (benötigten) Forschungsbereiche kostengünstig fast vollständig erforscht waren, das Geld dann aber doch ausgegangen war.
Raumschiffe muss man außerdem vorfinanzieren. Das ist bei den ersten Aufträgen nicht wirklich problematisch - zumindest wenn man das Forschungsbudget nicht zu hoch angesetzt hat - doch relativ schnell hatte ich auch Aufträge, mehrere Schiff zu bauen UND in ein Nachbarsystem fliegen zu lassen. Drei größere Schiffe vorzufinanzieren und dann mehrere Runden auf die Bezahlung warten zu müssen, kann schnell das Aus bedeuten...
Den Schwierigkeitsgrad des WiSi-Teils fand ich hoch, aber nicht unfair. Tatsächlich habe ich nicht wirklich weit gespielt, um so etwas wie ein Midgame beurteilen zu können. Ich empfand den Druck aber nicht als unfair. Bei Frostpunk zum Beispiel war der Frustfaktor im Vergleich zu Starship Corporation lächerlich hoch.
Äußerst positiv fiel auf, dass man Raumschiffdesigns aus früheren Kampagnen wiederverwenden kann. Natürlich bleibt einem nicht erspart, die erforderlichen Technologien zu erforschen oder zu kaufen, aber auf diese Weise kann man funktionierende oder lieb gewonnene Designs relativ schnell wiederverwenden, ohne sie aus dem Gedächtnis nachbauen zu müssen. Ich meine sogar, dass man Blaupausen laden konnte, für die einige Technologien noch fehlten, aber hier kann mich mein Gedächtnis täuschen.
Einige technische Schwierigkeiten (vor allem die Ladezeiten) sind gefühlt nicht gänzlich verschwunden, andere (Abstürze) anscheinend schon. Abstürze fielen mir in den letzten Spielrunden gar keine auf, dafür aber ein paar einzelne, sehr störende Bugs. Anscheinend funktioniert das Aufräumen im Schiffsdesign nicht, wie es soll. Denn manchmal werden Bauplätze von unsichtbaren Phantom-Einträgen blockiert, alten Räumen oder Schleusen, die einem neuen Raum nun scheinbar im Weg sind. Das ist sehr schade, da auch das Speichern und Neuladen einer Blaupause dieses Problem nicht immer zuverlässig behebt.
Insgesamt stelle ich eine positive Weiterentwicklung fest, die meine Befürchtungen von vor drei Jahren unbegründet erscheinen lassen: die "Wette" auf einen early access-Titel habe ich bisher nicht bereut.